Ich möchte heute meine Gedanken mit euch teilen. Betonung auf meine, nicht auf Gedanken. Denn ich bin sehr verwirrt.
Genau genommen war ich bereits verwirrt, als vor knapp 4 Wochen ITB und Beauty abgesagt wurden. Was zur Hölle ist hier gerade los? Ist das nicht alles ein bisschen übertrieben? Ich war die erste in meinem Umfeld, die existentiell von Corona durch geplatzte Jobs angeschossen wurde. Und damals reagierten alle noch so, als wären sie selbst nicht betroffen. Zwar mitfühlend, aber als wäre das alles nur mein Problem. Ich hingegen fing an, täglich die Seite des Robert Koch Instituts aufzurufen und die Lage intensiver zu verfolgen. Denn solche Veranstaltungen werden in Deutschland nicht grundlos abgesagt.
Mein Umfeld machte weiter wie bisher, aber was ich da tagtäglich so las, führte dazu, dass ich noch intensiver Hände wusch als sonst schon, penibelst darauf achtete, mir draussen nicht mehr ins Gesicht zu fassen und sogar nahe Menschen (okay, Singular) maßregelte, es mir gleichzutun. Kam nicht gut an.
Was ich täglich online las, passte nicht zu dem Verhalten meiner Mitmenschen und dem Leben da draußen, was mich ein Stück weit an mir und meinem Verstand zweifeln liess.
Aber dann ging irgendwie alles ziemlich schnell und die Gesellschaft splittete sich für mein Gefühl auf in zwei Lager. Die einen agierten emphatisch dem Kollektiv gegenüber, machten ihre Läden dicht und schränkten sich ein – und die anderen verhedderten sich in Verschwörungstheorien und jammerten über das geplatzte Tango Event und den stornierten Billigflug. Ich staunte nicht schlecht, von wie vielen hedonistischen Arschlöchern ich plötzlich umgeben war – und fing an, meine digitalen “Freundschaften” auszumisten. Dabei verstörte es mich jeden Tag aufs Neue, wie viele ach’ so spirituelle Menschen sich plötzlich wie die rücksichtslosesten Arschlöcher verhielten und den übelsten Verschwörungsdreck reposteten. Als würde dieser Virus den Menschen die Maske vom Gesicht ziehen. Als würde ich plötzlich sehen, wer in Wirklichkeit wie drauf ist. GRUSELIG.
Ich durfte außerdem feststellen, dass ich in einem Kiez voller Menschen wohne, denen die Hipster Bowl im Straßencafé sehr viel wichtiger ist als die Risikogruppe. Die gerne mal Schlange stehen für maßlos überteuertes Meersalz Karamelleis, weil die Schulen und Kitas geschlossen haben und man ja auch nicht mehr arbeiten muss. Da trifft man sich dann halt auf dem knackig vollen Spielplatz, um die Frühlingssonne zu genießen.
Und dieses Verhalten machte mich unendlich wütend. Ihr mir brodelten Wut und Hass, die nur ab und zu von einer taumeligen Traurigkeit abgelöst wurden, die sich nach kurzem Heulen dann aber auch schnell wieder verpisste. Traurigkeit darüber, dass wir unser Sound Bath nicht mehr spielen können, dass wir die Tour mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit werden verschieben müssen (nur auf wann!?) und dass mir die Jobs wegbrechen und ich theoretisch nicht mehr länger als 2 Monate überleben kann.
Da online das neue offline ist, lernte ich allerdings auch schnell, dass ich nicht wütend sein darf. Dass Wut kein adäquates Gefühl ist. Dass ich nach innen gehen soll, wenn ich nicht mehr rausgehen darf. Mir werden in einem Umfang Yogaklassen und Meditationsangebote offeriert, der mich regelrecht erschlägt. Ich soll jetzt Fenster putzen, meditieren, alleine joggen gehen, auf eine gesunde Ernährung achten und meine Wohnung auf Vordermann bringen. Die Realität sieht aber so aus, dass ich mich wie ein angeschossenes Reh fühle und es nicht mal hinbekomme, mir die Beine zu rasieren. Ich weiss nicht mal mehr, in welchem Zeichen der Mond gerade unterwegs ist. Man könnte also sagen, ich bin hart disconnected und war nie weiter davon entfernt, mich hinzusetzen und zu meditieren als in diesen Tagen.
Und dann auch noch das: Als mein Bambusklopapier sich dem Ende zu neigt und ich checke, dass Klopapier scheinbar wirklich überall ausverkauft ist, überkommen mich ungute Gefühle. Ich wollte bei diesem asozialen Hamsterkauf-Mist nicht mitmachen. Das habe ich jetzt davon. Als würden epigenetisch irgendwelche Gefühle aus harten Kriegszeiten aktiviert, die 40 Jahre lang in meinen Zellen rumgelungert haben, um sich genau jetzt zu zeigen. Schöne Scheisse.
Und obwohl meine Arbeit ja vorrangig digital stattfindet, bin ich auch hier überfordert. Ich kann ja nicht einfach am alten Redaktionsplan festhalten. Denn ich kann in so einer Zeit doch nicht einfach stur weiter über Facials und Gesichtscremes schreiben! Plötzlich ist das alles so banal. Alles so egal. Und gleichzeitig überkommen mich starke Ekelgefühle, wenn ich sehe, wie Mitbewerber*innen jetzt so richtig aufdrehen und “die Gunst der Stunde” nutzen. Dieses Game will ich nicht mitspielen.
Ekel überkommt mich auch, wenn ich sehe, wie viele Freelancer, Klein- und Einzelunternehmer*innen gerade um Spenden betteln. Sind wir nicht alle gleichermaßen betroffen? Macht es wirklich Sinn, hier 5 € oder da 10€ hin- und herzuschieben? Ich meine, Leute! Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt! Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir alle verhungern und auf der Straße landen werden. Es muss und wird Rettungspakete geben, damit das Leben auch nach Corona wieder weitergehen kann.
Und nun? Gute Frage.
Ich fühle nach wie vor Wut und Hass. Es reicht schon ein Blick aus dem Fenster, dass es in mir brodelt, denn 1,50m sind augenscheinlich ein sehr subjektives Maß. Während alle anderen also gerade im Home Office hinter streifenfrei geputzten Fenstern Yoga machen, meditieren und die beste Corona Version ihrer Selbst werden, trete ich benommen auf der Stelle, zusammen mit meinen beiden Kumpels Wut und Hass, fühle die kollektive Angstglocke, die sich über mich gestülpt hat, und versuche, trotz alledem irgendwie meiner Arbeit nachzugehen.
Ich habe keine Ahnung, von welcher Entschleunigung alle reden. Bei mir ist sie auf jeden Fall noch nicht angekommen. Ich bin so traurig. Traurig, dass meine Astro-Ausbildung aktuell nicht fortgeführt wird und wegen der fast ausverkauften Sound Bath Tour, die so höchstwahrscheinlich auch nicht stattfinden wird. Manchmal mischt sich noch ein Hauch Unzulänglichkeit unter die Traurigkeit, weil alle anderen augenscheinlich ihr Leben gerade voll im Griff haben und nur ich nichts gebacken bekomme.
Ich habe mich dafür entschieden, das alles mal aufzuschreiben, weil ja die Möglichkeit besteht, dass ich damit nicht alleine bin. Und falls es euch genauso oder ähnlich geht wie mir, hilft es euch ja vielleicht, zu wissen, dass ihr damit nicht alleine seid. Denn im Prinzip haben wir es gerade mit dem selben Fake Online-Optimierungsprogramm zu tun wie sonst auch, nur dass es jetzt viel heftiger reinballert, weil die Offline Komponente gänzlich fehlt.
Was ich mir wünschen würde:
Dass alle Gefühle erlaubt sind. Dass man Menschen wie mir, die von ihrer Grundkonstitution viel Feuer mitbringen, ihre Wut nicht verbietet. Denn ich verbiete Menschen mit viel Wasser ja auch nicht ihre Depression.
Dass wir checken, dass wir an der Schwelle zum Wassermann-Zeitalter stehen und dass grenzenloser Egoismus und Hedonismus zukünftig vielleicht nicht mehr ganz so gut ankommen. Wir sitzen alle zusammen in dieser Scheisse und wir kommen da auch nur zusammen wieder raus.
Dass wir uns gerade in Zeiten, in denen sich fast alles digital abspielt, online echt und verletzlich zeigen. Denn wenn wir uns alle an diesem allgegenwärtigen inszenierten Fake messen, werden wir kollektiv zugrunde gehen.
Irgendwie passt das, was ich hier seit fast 8 Jahren so mache, ja ganz gut zu dieser “Krise”. Self-Care und Entspannung sind wohl gerade angesagter denn je. Wühlt euch also gerne mal durchs Archiv. Vielleicht hilft es euch ja, beruhigende Lavendelknete herzustellen, Happy News zu abonnieren oder montags abends auf Insta Live zu unserem Sound Bath zu chillen, das wir bis auf Weiteres digitalisiert haben und der Allgemeinheit so kostenfrei zugänglich machen.
Vielleicht erdet ihr euch aber auch einfach, indem ihr mehr esst als sonst und euch in Netflix flüchtet. Auch das ist vollkommen fein. Deabonniert diese ganzen “OMG Corona macht mich fett Memes” und versucht, zu atmen. Ich versuche das auch.
Irgendwie geht es also weiter.
Ich wünsche euch allen viel Kraft für diese wilde Zeit und sende virtuelle Umarmungen raus an alle, die gerade genauso durchs Leben taumeln wie ich.
Jenny
Und weil einige fragen werden: Die Karte aus dem Titelbild ist Teil des Vessel Decks.
Liebe Jenny,
mal wieder ein großes Dankeschön für diesen Artikel, der vieles auf den Punkt bringt, was ich fühle. Ich muss gestehen, dass ich vor zwei Wochen die ganze Panik noch belächelt habe, auch wenn ich zu dem Zeitpunkt Menschenmengen und Innenstädte bereits gemieden habe. Aber ab Freitag vor zwei Wochen kam es dann auch in meinem Hirn an, dass da was richtig Übles im Gange ist. Ich kam plötzlich nicht mehr an Bücher dran, die ich so dringend für meine Bachelorarbeit benötige (ja, Jammern auf hohem Niveau, da ich nicht verhungere und ein Dach über dem Kopf habe) und Treffen mit meinem Prof konnten auch nicht stattfinden. Auch weiß ich nicht, ob der Start in den Job so wie geplant im Juni stattfinden kann oder ob plötzlich niemand mehr Bauingenieurinnen braucht, weil nichts mehr gebaut wird. Plötzlich war ich es dann, die einen etwas größeren Einkauf erledigte, Treffen mit Freunden mit dem Hinweis auf die selbstgewählte Isolation absagte und meiner Oma verbot, weiter einkaufen zu gehen. Freunde, die alle Ärzte (!) sind, planen aber weiter einen Junggesellenabschied für Ende April, was mich gestern ungläubig und vor allem wütend gemacht hat. Denn nur, weil die jetzigen Maßnahmen erstmal bis 20.4. laufen, heißt das ja nicht, dass ich mich eine Woche später mit 15 Leuten in einen Raum setze. Mehr als Kopfschütteln fällt mir dazu nicht mehr ein. Ich backe übrigens jede Woche mindestens zwei Kuchen oder Muffins (Nix gesundes, ordentlich Zucker und Schokolade! Von nix kommt schließlich nix!) zur Beruhigung und verschlinge sie mit meinem Freund innerhalb von zwei Tagen. Das klappt ganz gut. Ich drücke dir fest die Daumen, dass alles gut für dich ausgeht. Mir sind die Leute, die wütend und traurig sind 1000 mal lieber als die, die weitermachen wie zuvor und denen alles scheiß egal ist. Fühl dich unbekannterweise gedrückt! Alles Liebe, Carolin
Danke dafür! ❤️
Danke dafür liebe Jenny! Eins der schlimmsten Dinge ist gerade, dass man sich offenbar gar nicht überfordert fühlen darf, wenn man vielleicht nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeitet und/oder schulpflichtige Kinder betreut. Ich bin nicht so “unmittelbar” betroffen, bisher sind mir nichtmal Einnahmen weggebrochen, ich bin nicht krank geworden – und ich bin sch**-überfordert! Dann kriegt man online überall zu sehen “so können Sie die Krise für eine kreative Auszeit nutzen” und ich denke: seid ihr bescheuert? Denkt ihr, dass gerade niemand mehr einen Alltag hat – ich muss meine Sachen trotzdem irgendwie auf die Kette kriegen unter überall erschwerten Bedingungen, und dass mit mehr und weit existentiellerer Angst im Nacken als sonst. (Yoga und Meditation sind gerade eh Medizin für mich, sonst wären mir die Nerven schon richtig durchgegangen)
Du hast in Worte gepackt, was ich seit Tagen nicht richtig kann! Danke für diesen Beitrag, du bist nicht allein mit dem Gefühl und ICH auch nicht.
Ich steh seit Tagen neben mir, alles ist zu kompliziert und mir fehlt die Kraft für alles. Nachts hab ich Worte Träume und gestern Nacht hab ich meinen mann schier umgehauen, weil ich träumte, dass man mich einsperrt. Blöderweise kam er just in dem Moment ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Zum Glück bin ich aufgewacht, kurz bevor ich ihn erreicht hab 🤦🏼♀️ Sonst hätte er heute wahrscheinlich ein Veilchen
Liebe Jenny,
vielen Dank für deine Worte. Mir geht es genau so und ich taumele ebenso von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag. Von Entschleunigung und klaren Gedanken oder entspannten Gefühlen keine Spur. Dann verweile ich wieder in Schockstarre und weiß weder ein noch aus.
Das Beste was wir jetzt tun können ist wohl atmen. Damit geht es mir zumindest am Besten.
Ich wünsche auch Dir viel Kraft in dieser verrückten Zeit.
Das Karussell des Lebens dreht sich gerade wahnsinnig schnell, halte Dich gut fest!
Alles Liebe.
Erika
Oh mein Gott! Du sprichst mir gerade so aus der Seele! Vielen Vielen Dank dafür!!!
In dem Bild des angeschossenen Reh’s habe ich mich total wieder gefunden. Ich bin selbstständige Kosmetikerin mit zwei Angestellten.
Ich habe schon vor vielen Wochen nur noch wenige Mundschutz und Desinfektionsmittel beim Großhandel bestellen können. Und spätestens da habe ich gemerkt das hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Es war die letzten Wochen ein mulmiges Gefühl bei der Arbeit mit den Kunden.
Am Sonntag vor 2 Wochen kam dann die Info vom Gesundheitsamt das ich am Montag mit einer Person die positiv getestet wurde, in Kontakt war und ich nun 8 Tage in Quarantäne muss. Somit durfte von da an auch nicht mehr in den Laden. Darauf hin habe ich so gut es noch irgendwie ging meine Gedanken sortiert und meinen beiden Mitarbeiterinnen gesagt das der Laden vorerst mal geschlossen bleiben muss. Lt. GA hätten meine Angestellten zwar arbeiten dürfen, allerdings war mir das alles nix mehr. Ich fand das unverantwortlich.
In der Woche darauf hatten sich einige Whats App Gruppen gebildet, eine meiner Kosmetikfirma mir deren Produkte ich arbeite und eine des Seminars das in derselben Woche am We noch hätte stattfinden sollen. Bis am Donnerstag waren über die Hälfte noch felsenfest davon überzeugt das das Seminar noch stattfinden wird. Seitens der HWK hieß es, da wir ja schließlich zum Handwerk zählen, dürfen wir weiter arbeiten. Dann wiederum sollten wir den Sicherheitsabstand einhalten und nicht mehr als 10 Personen in einem Behandlungsraum oder Warteraum stecken. Hallo? Ich dachte mir nur, denkt doch alle mal selbst!!! Viele meiner Mitbewerberinnen haben es, bis zum tatsächlichen Arbeitsverbot durchgezogen um noch ein paar Euro Umsatz zu bekommen. Ich dachte ich bin im falschen Film und jeden Morgen merkte ich “es ist doch war und kein Traum gewesen”
Zudem noch die Sache mit meinem Test. Am Mittwoch nach dem Sonntag als ich davon erfahren habe konnte ich ihn erst machen. Eine Dame hat geklingelt und meinem Mann den Test gegeben. Er hat sie liebevoll genötigt gleich da zu bleiben und ihn nachdem ich unverzüglich den Abstrich gemacht habe gleich wieder mit zu nehmen. Wir dachten so haben wir vll. schneller ein Ergebnis. Ich habe bis heute kein Ergebnis dieses Tests! Ich habe gehört das einige Tests wohl im Labor verloren gegangen seinen. Am Montag war meine Quarantäne trotzdem zu Ende. Es hieß wenn ich keine Symptome habe kann ich unter den Einschränkungen wieder raus. Ich bin am Di. früh zu meinem Hausarzt und durfte dort gleich frühs einen weiteren Test machen. Heute habe ich das Ergebnis bekommen. Negativ! Juchu! Ich wusste es innerlich zwar das ich neg. bin. Aber eine Bestätigung tut in dieser ganzen unsicheren Sch… zur Zeit einfach trotzdem gut.
Naja meine Mitarbeiter musste ich leider, leider erst mal in Kurzarbeit anmelden und hoffe jetzt auf Sofortgeld und weitere Unterstützungen. Es gibt einige Kosmetikerinnnen die auch ein bisschen mit denken und mit denen ich mich austauschen kann. Aber der größte Haufen ist eher weniger zu gebrauchen.
Ich finde auch in solchen Kriesenzeiten formt und zeigt sich der Charakter eines jeden Menschen sehr schnell heraus. Und da wir alle im gleichen Boot sitzen hat keiner eine Ausrede.
Ich bin sehr gespannt wohin sich alles weiter dreht und wohin es führt.
Alles Liebe und ich finde Deine Arbeit und was du machst übrigens Mega- fantastisch- grandios! Kopf hoch und Alles Liebe Lena
Liebe Jenny,
gefühlt konnte ich in den letzten Tagen nicht mehr viele Corona-Neuigkeiten verarbeiten. Daher habe ich deinen Artikel erst heute gelesen… Ich wünsch dir ganz viel Kraft… Ich für mein Gefühl berappel mich gerade ganz langsam. Was aber auch sicherlich daran liegt, dass ich auf dem Land (in einem 800 Seelendorf) zwischen Hamburg und Bremen wohne. Hier hält sich (eigentlich) jeder fast von Anfang an an die Maßnahmen. Ausnahmen bestätigen immer die Regel. Um den Kopf freizubekommen spaziere ich jeden Abend gut 2 Stunden mit der Familie durch den Wald. Auch das hilft mir weiter, um meine Gedanken zur sortieren. Ich weiß aber ehrlich gesagt genau was du meinst…
Liebe Grüße
Tanja
…von einem , der keine hohe Meinung von uns Menschen hat…
Jenny, ich glaube eine Menge von dem, was du schreibst, nachvollziehen zu können.
Mein Wunsch ist, dass wir verstehen, was uns gerade für eine Chance geboten wird.
Was keine Revolution oder Bewegung in unseren Zeiten jemals fertiggebracht hätte, wird uns jetzt als Geschenk (mit 1,5 m Abstand…),vor die Füße gelegt. Wir sehen, wie krank dieses System ist und komplett zusammenbricht im Angesicht dieser Herausforderung. Müssen wir wirklich die uns nun zur Verfügung gestellte Zeit nutzen, um möglichst alles im alltagsnahen Rythmus weiterlaufen zu lassen, bis wir endlich wieder unser” normales” Leben weiterführen können ? Fast jeder von uns kann sich wahrscheinlich die nächsten zwanzig Jahre bekleidet auf der Strasse bewegen, ohne etwas nachkaufen zu müssen und zu essen ist wohl auch noch ne Menge im Vorratschrank da. Frühmorgens endlich einmal nicht gestresst einen mundgeklöppelten linksdrehenden fair traide Caramel coffee to go für nen halben Stunden Lohn in der überfüllten U-Bahn hinter die Gucci Binde kippen, sondern einfach mal in unserem Bio Rythmus ausschlafen, ist das nix? Meine Catering Firma ist nun Pleite und es ist mir Scheissegal, denn ich werde aufstehen und weitergehen. Die Abwesenheit von Klopapier in den Supermarkt Regalen zeigt für mich am deutlichsten, womit wir uns am meisten beschäftigen : Mit Scheisse. Die Angstkacke stinkt schon seit Jahren den Menschen aus allen Poren – nun tritt sie globalisiert hervor. Wenn kein Papier mehr da ist, druckt doch einfach die Politerreden aus und wischt euch damit ab, mehr ist damit eh nicht anzufangen. Geheuchelte Hilfsbereitschaft zum Ego aufpolieren und Solidarität in Angstallianzen, ist das wirklich alles, wozu wir in der Lage sind ? Geben uns Krankheiten, Unfälle , Todesfälle und Schicksalsschläge nicht die Möglichkeit zur Reflexion unseres Weges, auch ohne Meditationslehrer und Guru ? Wäre dies jetzt nicht eine Möglichkeit für uns zur Entwicklung ? Zur “Ent-Wicklung” aus all unseren Alltagsverstrickungen, Ängsten und als gegeben hingenommen gesellschaftlichen Normen ? Menschliche und soziale Werte sind den meisten von uns schon lange abhanden gekommen oder wir haben sie gar nicht erst vermittelt bekommen. Als KInd des Ostens bin ich mit Mangel und Verzicht grossgeworden, vielleicht bringt mich die derzeitige Situation deshalb nicht aus der Ruhe. Keiner von uns muss gerade an Krebs erkranken oder im Rollstuhl sitzen um sein derzeitiges Leben hinterfragen zu dürfen, wieviel mehr Geschenk an Lebenszeit geht denn noch ???
Ich bin alleinerziehend mit zwei Kindern, komme grad aus einem Hochrisikogebiet und bin in freiwilliger Quarantäne, nicht weil ich Angst habe, sondern weil es einfach Sinn macht.
Gruss vom Fischer